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Vor viereinhalb Milliarden Jahren, als die Erde eine glühende Kugel war, entstand irgendwo in einem Sonnensystem ein Planetchen. Ungefähr vor sechs Millionen Jahren stieß das Planetchen mit einem anderen Körper zusammen. Der Aufprall zerschlug es in Stücke und die traten ihren eigenen Weg an, einige in Richtung unser Sonnensystem. Die Bruchteile erreichten die Erdatmosphäre am 6. Mai 2000 und Tausende Menschen in Nordmähren wurden Zeugen eines außergewöhnlichen Ereignisses, das den Eingang in die Geschichte der Astronomie fand.
Auf die Erdoberfläche fielen bereits Tausende von Meteoriten, Zehner Tonnen Masse aus dem entfernten sowie näheren All. Die Wissenschaftler kennen ihre Zusammensetzung und arbeiteten Methoden heraus, wie man sie genau beschreibt und klassifiziert. An den Universitäten, in den Museen und Privatsammlungen sind Chondrite, Achondrite, Eisen-, Steineisen- und Glasmeteorite usw. zu sehen. Meistens tragen sie den Namen nach dem Ort, wo sie einschlugen. Der Meteorit aus den Beskiden ist in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Er heißt Morávka..
Über Meteoriten weiß man viel; was allerdings fast fehlt, sind Informationen über ihre kosmische Vergangenheit: Wann und wie sie entstanden, woher sie kamen, wie ihre Bahn war, wie sie in die Atmosphäre eindrangen und wie sie sich darin verhielten.
Meteoriten bekannter Herkunft und Bahn bezeichnen die Astronomen als „Meteoriten mit Stammbaum“. Bisher wurden von den Wissenschaftlern aller Welt nur sechs beschrieben und das Institut in Ondřejov spielte dabei eine wichtige Rolle. Anfangs fünfziger Jahre begannen tschechische Astronomen ein Netz zum Fotografieren der Boliden zu bauen - so werden in der Astronomie meteoritische Körper genannt, die beim Durchflug der Atmosphäre extrem intensiv scheinen und gut zu beobachten sind. Falls nicht bewölkt ist, nimmt das Bolidennetz den Himmel jede Nacht auf, und wenn gerade eine Bolide erscheint, haben die Wissenschaftler genaue Angaben über ihre Bahn. Daraus kann man dann ausrechnen, woher der Meteorit herflog und wohin er einschlug.
Zum ersten Mal waren die Astronomen im Jahre 1959 bei Příbram erfolgreich. Der erste Meteorit mit Stammbaum auf der Welt heißt also Příbram und das größte von vier gefundenen Stücken wiegt fast viereinhalb Kilogramm. In 1970 wurde dank dem Bolidennetz in der Prärie der Meteorit bei der Ortschaft Lost City im amerikanischen Nebraska entdeckt. Um sieben Jahre später fanden die kanadischen Wissenschaftler sechs Stücke in der verschneiten Landschaft unweit der Stadt Inisfree. Eine Kuriosität war der Fall im Staat New York, wo 1992 ein zwölf Kilogramm schwerer Meteorit in ein geparktes Auto in der Stadt Peekskill einschlug. Den bisher letzten Meteoriten mit Stammbaum fanden die Astronomen voriges Frühjahr in den Alpen an der deutsch-österreichischen Grenze.
Der Meteorit Morávka durchflog die Atmosphäre am Tag, er wurde von einigen Menschen aus verschiedenen Stellen voneinander unabhängig gefilmt (Janov, Kunovice, Velká Javorina). Diese Amateuraufnahmen bei Tag ersetzten das nächtliche Bolidennetz. Es wurden auch einige Bruchteile gefunden, die die Flugbahn präzisierten. Der Durchflug des Körpers durch die Atmosphäre machte auch ordentlichen Lärm. Die Menschen beschrieben ihn als Donnern des Geschützfeuers und einige dachten, es kam zu einer Havarie in einem Industriebetrieb. Die Wellenbewegung verursachte Erschütterungen der Erdoberfläche, die von den seismischen Stationen im Ostrauer Gebiet notiert wurden. Eine detaillierte Aufzeichnung kam auch aus der Station Freiung in Bayern, wo der durch den Meteoriten hervorgerufene Infraschall von der Dienststelle aufgenommen wurde, die das Atomversuchsverbot in der ganzen Welt überwacht. Wertvolle Informationen lieferten auch amerikanische zum gleichen Zweck dienende Satelliten. Die astronomischen Institute erhielten über fünfhundert Meldungen von zufälligen Beobachtern. Die Naturgesetze und Kenntnisse der Wissenschaftlern ermöglichten, die Bahn und Geschichte des Fluges zu bestimmen, und so konnte die Herkunft festgestellt werden. Der Meteorit Morávka erhielt den Stammbaum..
Die Astronomen aus der Abteilung der interplanetaren Materie in Ondřejov gelangten zu dem Schluss, dass der Morávka auf seiner Bahn in dem Sonnensystem ungefähr sechs Millionen Jahre kreiste. Das tatsächliche Alter des Gesteins ist allerdings viereinhalb Milliarden Jahre und greift also in die Zeit, als sich die Galaxie erst formte. Nach der Abspaltung aus dem Mutterplaneten umkreiste der Morávka ähnlich wie die Erde die Sonne und ihre Bahnen schnitten sich mehrmals, immer aber zu verschiedenen Zeiten. Der Umlauf des Morávka um die Sonne dauerte ungefähr zweieinhalb Jahre.
In dem Augenblick, als der Morávka und die Erde aufeinander trafen, also am Samstag den 6. Mai 2000, wog der meteoritische Körper ca. zwei Tonnen und hatte ein Meter im Durchmesser. Die Wissenschaftler nehmen an, dass der Morávka vor dem Eintritt in die Atmosphäre kein einheitliches Stück, sondern eine zusammenhaltbare Gruppe von Körpern mit Gewicht um hundert Kilogramm. Als ob in einem Knäuel zwanzig 100 Kilo schwere Säcke flögen.
Die chemische Grundzusammensetzung des Meteoriten bildeten Gemische von Eisen und Magnesium, ein ähnliches Gestein kam ursprünglich auf der Erde nie vor. Sämtliche Materie mit solcher Zusammensetzung und Struktur kamen immer aus dem All. Eisen ist das Element, das in den Meteoriten am häufigsten vertreten ist. In der Zeit der ersten Republik sammelten die Menschen in den Wäldern im Arwaer Gebiet Metallblöcke, die sie an Händler verkauften. Den Schätzungen nach endeten damals Hunderte von Kilogrammen seltener Meteoriten in den Eisenhüttenwerken.
Außer der Herkunft des Morávka und seiner Bahn studierten die Astronomen, wie er sich während des Durchflugs der Atmosphäre verhielt. Vor dem Eintritt in die Atmosphäre flog der Körper mit der Geschwindigkeit ca. zwanzig km pro Sekunde. Durch die Bremsung wurde er heiß, zerbrach und ein Teil der Materie verdunstete durch die Hitze. So kam es dazu, dass der Morávka im Himmel anfing zu scheinen. Allmählich kühlte die Bolide ab und verlöschte.
Alle drei gefundene Bruchteile sind heute im Eigentum des astronomischen Instituts, das sie den Findern abkaufte. Fast nach drei Jahren Forschungen wurden sie vom Institut dem Nationalmuseum in Prag geliehen, wo sie in der Dauerexposition der mineralogischen Sammlungen sein werden, genauso wie der welterste Meteorit mit Baustamm Příbram.
Drei Stücke des Morávka im Nationalmuseum sind aber nicht die einzigen, die von den Menschen in den Beskiden gefunden wurden. Ungefährt ein Jahr nach dem Meteoriteneinschlag entdeckten die Sucher zwei andere Stücke. Eines ist im Privatbesitz in Ostrava, das andere wanderte nach Wien.
Nach dem Artikel METEORIT MIT BAUSTAMM, Hospodářské noviny, Beilage Víkend vom 18.4.2003, Autor des Textes Tomáš Netočný, Foto Jan Šilpoch, ČTK
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